Vor ein paar Tagen wurde neues Geld (Protektoratskronen) in Umlauf gebracht. 19. ZU. 1941 (Freitag) Vormittags in der Schule. Das war unser letzter Schultag, jetzt kommen die Weihnachtsferien. Auf dem Weg zur Schule verlor ich den ganzen Schuhabsatz und kam zu spät, weil ich langsam gehen musste. Nachmittags in der Stadt, bei Orlický {Glasgeschäft) ließen die Arbeiter eine große Kiste (etwa 2 m x \Vi m x 20 cm) Glas fallen und alles ging kaputt; ich sah zu, wie sie die Scherben hinaustrugen, aber ein Jude kam vorbei und sagte, ich solle lieber weggehen, es sei ein deutscher Laden und man könnte mich verprügeln. Das Geschäft hieß früher Ohrenstein & Orlický (ein Deutscher), aber der Deutsche hat dem Juden Ohrenstein den Laden weggenommen, und jetzt steht nur noch Orlický auf dem Firmenschild. Heute früh ist Mama nach Hradec (Králové) gefahren. Sie hat uns aufgeschrieben, was wir kochen sollen, aber leider sehr ungenau. Wird aber schon werden! 20. XII. 1941 (Samstag) Vormittags war ich bei Popper, er hat wieder etwas mit den Augen und darf nicht raus. (Er hatte Scharlach, da verlief alles glatt, aber seitdem plagt ihn irgendeine Augenkrankheit. Er ließ sich von einem jüdischen Arzt behandeln, der ist ihm aber nach Polen weggefahren. Die Augen muss er mit einer gelben Salbe schmieren.) Deswegen war ich bei ihm, wir haben verschiedene Spiele gespielt. Dann bin ich über Maniny am Schlachthof vorbei nach Hause. Nachmittags bei Oma. 21. XII. 1941 (Sonntag) Vormittags zu Hause, nachmittags bei Oma. Wir haben uns mit den Milošovi verabredet, aber sie haben einen anderen Weg genommen als ich (ich bin ihnen entgegengelaufen, um sie zur Oma zu bringen), und so haben wir uns verpasst. Daraufhin rannte ich bis nach PerŠtýn ihnen hinterher, aber alles vergebens. Dann suchten wir in Maniny nach ihnen. Mama schickte ein Telegramm, dass sie erst am Montagabend kommt. 22. XII. 1941 (Montag) Vormittags zu Hause. Nachmittags ging es mit den Vorbereitungen für Man-činkas19 Ankunft los. Sie hat heute Geburtstag, aber wir haben nichts Ordentliches bekommen können, also sind die Geschenke ziemlich arm ausgefallen. Eine wattierte Kapuze (genannt »ť-pé«2(l), eine Brosche in einer Intarsienschachtel, ein Paar Strümpfe und ein aufgeräumtes Nähkästchen. Außerdem habe ich Mama ein Monogramm aus Blei gießen wollen, das hat aber nicht geklappt. Ich habe zuerst eine positive Gravur ins Linoleum geschnitzt, legte sie auf den Boden von einer Schachtel aus Baumrinde und goss Blei darauf. Mamas Zug sollte Viertel nach sieben ankommen, er hatte aber Verspätung und kam erst Viertel vor acht. Mama war ganz erschöpft, lauter Diebe und Verbrecher seien mit ihr im Zug gewesen. Sie hatte viel Weihnachtsgebäck mit, Süßigkeiten und anderes. Die Gans, die Mama auch noch mitbrachte, wog 6,60 Kilogramm. l'J Unsere Mutter nannten wir Mančinka. 20 Eine lose Kapuze mit spitzem Ende, die man unter dem Kinn zuband (auf dem Foto auf Seite 175 wird sie von Eva Ginzovágettagen, A.d.U.). 54 55